2. Seminar mit Maike Maja Nowak

Wir hatten wieder ein Seminar mit Maike Maja Nowak in Bordesholm (November 2013)  und Schwerpunkt war dieses Mal das soziale Leben unserer Hunde . Bevor ich in die Details gehe:  es war wunderbar, inspirierend, witzig und lehrreich… Auch weil das Wochenende am Abend zuvor mit einer Lesung aus ihrem neuen Buch begonnen hat.

Lesung mit Maike Maja Nowak an der Muthesius

Lesung an der Muthesius

 

Ganz grob und ganz kurz (ganz lang und ganz ausführlich gibt es das hier zu lesen):

Jeder Hund hat eine Aufgabe in der sozialen Gruppe. Jede Gruppe wird überhaupt erst eine soziale, wenn Aufgaben verteilt sind. Jeder Hund will idealerweise seine Kompetenz leben und es ist Aufgabe des Menschen, die Kompetenz wahrzunehmen und den Hund darin zu unterstützen. Es gibt Mitarbeiterhunde und es gibt Leithunde. So wie es Menschen gibt, die gerne Angestellte oder Führungspersonen sind. Bei Hunden wie bei Menschen lassen sich die Rollen nicht ohne Weiteres tauschen. Manche Hunde brauchen unbedingt Führung, wieder andere brauchen eher den Raum und die Möglichkeit, eigene Lösungen zu finden. Maike Maja Nowak erläutert den Unterschied und die Besonderheiten auf ihrer Webseite sehr verständlich.

Hat man mehrere Hunde, kann es die Quote Mitarbeiterhunde und Leithund unter Umständen unglücklich, manchmal sogar doppelt verteilt sein. Das führt dauerhaft zu Konflikten.

In diesem Dilemma haben wir unsere Maggie wiedererkannt, die wir schon lange „Frau Gouvernante“ nennen, weil sie Lucy oft eins überbrät und maßregelt. Für alles und  immer. Wenn Lucy abhaut, wenn sie wiederkommt, eben auch wenn Maggie mit was anderem Stress hatte…Lucy muss dafür büßen.

(Update: Wir haben Lucy und Maggie voneinander getrennt. Beide hatten Krebs entwickelt, den wir operieren ließen. Maggie hat nun einen Einzelplatz in Berlin und Lucy wohnt nun allein mit Phönix bei uns. November-März 2016).

Unser Rudel: Lucy (vermutlich vordere Wächterin)

Unser Rudel: Lucy, 5 Jahre alt

Ihr kennt das Prinzip übrigens auch aus Menschenarbeitswelt- manche Angestellte leiden unter Chefs, die auch keine Kompetenz für ihre Stellung haben…Sie sind cholerisch (überzogen), entscheidungsunfreudig, zögerlich (brauchen selber Führung) oder anders inkompetent:-) Das ist überhaupt wieder mal ein Beispiel dafür, woher der Mensch kommt, wieviel Tier in ihm steckt…und dass die Schicht der Zivilisation ausgesprochen dünn drüber liegt. Was den Menschen aber stark von den anderen Tieren unterscheidet und was ihn zum Menschen macht, ist seine grundlose Grausamkeit gegenüber anderen Lebewesen- aber das ist ein anderes Thema

Zu wissen, was für einen Hund man an seiner Seite hat, ist so wichtig wie das passende Wörterbuch im Ausland. Ein Beispiel, das jede/r auf Anhieb versteht: ein Leithund, der eigenverantwortlich ein gesamtes Hunderudel führt, hat weder Spaß, noch  setzt er Ehrgeiz ein, SITZPLATZKOMMBLEIBPFÖTCHENSOFORTIMMER in Sekundenbruchteilen auszuführen oder diese Wünsche seinem Herrchen/Frauchen im vorauseilendem Gehorsam von den Augen abzulesen. Vergesst es. Habt Ihr so einen Leithund bei Euch, dann „bittet“ geradezu höflich und ohne Druck. Mit derselben Unaufdringlichkeit, die es braucht, um die Augenbraue hochzuziehen. Mehr Signal braucht es generell in der Hundekommunikation nicht. Alles andere ist Affentanz:-) „Nun komm aber mal her“ in steigender Lautstärke ist Primatengetue…Nur so nebenbei:-)

Maggie mit Schal gegen Erkältung

Maggie, 6 Jahre alt

Hunde sind sehr anpassungsfähige Wesen. Sie halten untereinander und bei ihrem Menschen eine Menge aus. Aber ist es immer gut, was sie aushalten müssen? Ist es nicht sinnvoller, einem Hund die Chance zu geben, woanders sein Potential zu entfalten und ohne Einschränkung mit seinen dann neuen Menschen leben zu können? Kein Gedanke, über den man gerne nachdenkt.

Unseren ersten Hund, Areso, haben wir z.B. nur bekommen, weil sein vorheriger Mensch ihm einen enormen Liebesdienst erwies und Areso aus dem Rudel entlassen hat in unsere Hände. Areso wurde heftig gemobbt und bekam von allen anderen vier anwesenden Hunden immerzu für alt und für neu. Er tat seinen Menschen sehr leid und was machen Menschen, wenn sie Mitleid empfinden? Sie kompensieren gerne. Mit Futter, Privilegien, viel Liebe, etc. Areso wurde z.B. sehr dick, sein Fell vor Kummer stumpf, seine Bewegungen zurückhaltend und devot.

Wer mit Hunden lebt und das mit offenem Herzen tut – und das tat seine vorherige Familie- erkennt dann eines Tages, dass die ganze Menschenliebe, die Berge Leckerlies, kein richtiges Hundeleben ersetzen.

Aber ach, ich schweife ab.
Ich muss nur gerade viel an Areso denken, weil wir bei uns mit Maggie und Lucy einen ähnlichen Fall haben. Und das nicht erst, seit wir uns mit der Gruppendynamik in Hundegruppen auseinander setzen. Wir beobachten und fühlen hin.

Phönix

Phönix, ca. 3 Jahre alt

Und die Jungs?

Hier verändert sich gerade etwas. Haben sie sich ein Jahr lang akzeptiert und toleriert, wird Phönix nun zunehmend einschränkend gegenüber Suki. Es scheint hier weniger ein Kompetenzenstreit zugrunde als ein Altersunterschied.

Sukis Kräfte schwinden, seine Sinne ebenfalls und Phönix verbietet ihm zunehmend, in seiner Nähe zu sein. Er läßt Suki nicht mehr durch, nicht mehr zum Sofa, nicht mehr vorbei. Und Suki akzeptiert das. Sein Altenteil ist dann an der anderen Ecke des Zimmers. Nur unter unserem Geleitschutz traut er sich dann noch an Phönix vorbei. Und den geben wir ihm dann auch.

Unser Rudel: Suki (Vorderer Leithund in Rente)

Unser Rudel: Suki, fast 13 Jahre alt

 

Trotz aller Nickeligkeiten in unserer Gruppe, haben unsere Hunde kaum Interesse an anderen Hunden. So geht es übrigens den meisten Hundegruppen. Haben sie sich erst einmal gefunden, dann sind sie sich selbst genug. Das gilt auch für Hundegruppen am Strand. Nichts mit „Nun geh doch mal zu anderen Hunden spielen“. Fremde Hunde ungebremst aufeinander prallen zu lassen, kann sogar gefährlich werden. Wie neulich am Strand, wo eine Gruppe von ca. 20 Labradoren (ja, soviele…und noch viel mehr…gibt es überhaupt noch andere Hunde?) sich plötzlich einen kleinen Hund ausgeguckt hat und den regelrecht zur Sau gemacht hat. Nur dem beherzten Zugriff des Frauchens ist es zu verdanken, dass er ohne starke Verletzungen da raus gekommen ist.
Hunde „regeln das schon untereinander“, aber eben auf hündisch…das ist weder harmlos,  noch ist das Happy-End garantiert.

Ach, das Thema ist riesig und wir werden es auf jeden Fall weiter zu verstehen versuchen.

Hier ein paar Fotoimpressionen vom Wochenende im November 2013.

Die ZDF-Folgen gibt es mittlerweilen als DVD im Handel:
Volume 2 ab 11.7.:

8 Antworten

  1. Michael Stock sagt:

    Schön… Danke… noch einmal eine „bildhafte“ Erinnerung an ein beeindruckendes Seminar, nette Leute,perfektes Catering „do it yourself“ und kalte Füße, Ohren, alles nur das Herz nicht! etc.
    Beste Grüße aus der Kirchhofsallee
    Michael Stock
    Ps: Wir sind jetzt mit unserem „Bootsmann“ bei Susanne Kühn gelandet und fühlen uns auch sehr gut aufgehoben…

  2. Maike Bustorff sagt:

    Sooo schöne Fotos! <3
    Danke, Maike! und die Kommentare…hehe…

    Ja, das Seminar klingt noch immer nach und hat soviele Gedanken und Eindrücke hinterlassen, dass ich wohl noch nachhaltig davon guthaben werde. Ich freu mich noch immer, dass ich dabei sein durfte!

  3. Schädlich sagt:

    Das ist ein toller Artikel, Maike, sehr interessant. Da bekommt man ja richtig Lust auf einen oder mehrere Hunde 🙂
    Gruß
    Marianne

  4. Wir sind sooo froh das wir durch Zufall noch dabei sein konnten!!!
    Das Wochenende war für uns so lehrreich.
    Uns ist jetzt richtig klar geworden warum unser Gretchen so ist wie sie ist
    und können sie noch besser im Alltag unterstützen.
    Wir haben auch vor in diesem Jahr mit Hundefreunden bei Susanne Kühn das
    Thema Rudelstellung zu optimieren.
    Vielen Dank für die tolle Organisation!
    Liebe Grüße
    Gabi, Frank+Greta

  5. Mylène Alt sagt:

    Hallo zusammen

    Habe grad erfahren, dass bald auch in der Schweiz HundeflüsterInnen à la Maja Nowak im Einsatz sein werden. Wisst ihr schon was dazu?

    Gruss aus dem idyllischen Appenzellerland
    Mylène

    Hallo Mylène,
    aktuell ist Maja Nowak in der Schweiz für Intensiv-Workshops. Vielleicht fragst Du einfach mal im Dog-Institut, was längerfristig daraus erwachsen wird?
    Viele Grüße von Maike

  6. Iris Seebass sagt:

    Hallo!
    Nachdem ich das letzte Buch von Frau Nowak gelesen habe (und, na klar, begeistert war), möchte ich nun einer Freundin (3 Hunde und Inhaberin einer Hundeschule und tooooootal nett), eine Möglichkeit verschaffen, an einem Seminar bei Frau N. teilzunehmen. Also so was wie eine Karte zum Konzert, eine für ein Seminar, einen Vortrag, was auch immer…
    Gibt es da etwas??? Der Partner meiner Freundin lebt in Berlin, sie wäre also jederzeit vor Ort!
    Bitte geben Sie mir doch kurz eine Rückmeldung!!!
    Keine Idee, ob ich „hier“ überhaupt richtig bin, aber nichtsdestotrotz bin ich einfach optimistisch, dass ich von Ihnen höre…
    Herzlichen Gruß
    Iris

    Hallo Iris,
    zu den Seminaren von Maja Nowak kann ich leider nichts sagen, aber frage doch mal direkt im Dog-Institut nach: Büro Dog-Institut, Svenia Podehl, Am Eichenhain 33 a, 13465 Berlin, dog-institut@live.de. Die neuen Termine werden im Oktober 2014 auf der Webseite http://www.maike-maja-nowak.de/ erscheinen.
    Liebe Grüße von Maike Brzakala

  7. A. Reuter sagt:

    Rudelstellungen sind Schwachsinn, und Frau Ertel samt Anhängern verbreiten eine gefährliche Irrlehre. Das hochsoziale Wesen Hund, den besten Freund des Menschen in irgendwelche Kürzel einzuteilen und auf Ränge zu reduzieren, sowie bestehende Hundefamilien zu trennen, weil eine alte Frau es so befiehlt, ist asozial und tierschutzrelevant. Hundebesitzer die der Rudelstellungtheorie hinterherrennen, sollten sich ganz ernsthaft überlegen, ob Hundehaltung für sie das Richtige ist, denn sie haben einen gestörten Bezug zu sich selbst und zu ihrem Hund.

    • Maike Brzakala sagt:

      Ja, da haben Sie vollkommen Recht. Deshalb hat Maike Maja Nowak sich auch von der Rudelstellung und Barbara Ertel ausdrücklich distanziert. Ohne die ganze Diskussion wieder aufrollen zu wollen kann ich persönlich bestätigen, dass Maike Maja Nowak damit nichts zu tun hat. In ihrem YouTube-Kanal zeigt sie in jedem Film, wie sie selbst arbeitet. Eigene Forschungen zu den Kompetenzen der Hunde sind im vergangenen Jahr passiert und erscheinen Anfang April als Buch:
      „Die wissenschaftliche Studie des VdU sucht nachzuweisen, dass Hunde neben ihrem Alter, Geschlecht und ihrer Rassezugehörigkeit eine bestimmte Kompetenz haben, die sie in eine Gruppe einbringen können. Wir gehen davon aus, dass es verschiedene Jobs bei Hunden gibt wie Wächter, Kundschafter, Leithunde und den zentralen Hund, der eine Gruppe zusammen hält. Das bedeutet nicht, dass diese Hunde immer in einer Gruppe zusammen leben, sondern nur, dass Hunde diese Kompetenzen besitzen. Wir beobachteten, dass die unterschiedlichen Hundetypen ihr Wesen in allen Alltagsdingen zum Ausdruck bringen. Deshalb müssten sich diese Typen über entsprechend ausgewählte Parameter am Verhalten der Hunde nachweisen lassen.“
      Und hier geht es zu den Filmen von Maike Maja Nowak: https://www.youtube.com/channel/UCPebPmtgLsvZC29nVKPoMTA

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